Dienstag, 20. September 2016

Die lange Nacht der Religionen 2/5, der 1. Berliner Heidentag


Und da war sie wieder, die LNdR, die 5te insgesamt, die 2te für uns Pagans oder ganz einfach Heiden, heute oft gleichgesetzt mit „Ungläubige/Ungetaufte/Nicht-Christen“
Freitag sind wir, Alena und ich, gestartet gen unser geliebtes Berlin und in Richtung unserer Freunde. Ich war reichlich nervös, angespannt ist wohl das bessere Wort dafür.

Ich stehe für die Aktion Wir Heiden (Heute lieber "Wir Menschen"), der Ansatz, allen klar zu machen, dass wir nur zusammen, im gegenseitigen Verstehen, eine Gemeinschaft bilden können. Eine Gemeinschaft die sich nicht hinter Bildschirmen versteckt sondern heidnisches Leben real lebt.

Der pagane Teil der LNdR hat den Zweck, zu zeigen wie wir unsere Religion leben, und zwar Menschen, die sich nicht als Heiden verstehen und bereit sind uns zu begegnen. Zum letzten Mal (leider) im Familienzentrum in der Fürstenwalder Strasse.

So gegen 21:00 kommen wir bei unserer Freundin, *eine der OrganisatorInnen
des Paganen Events, Gudrun Pannier aka Sinmara, an. Ein kleines Abendessen und Gespräche runden den Tag ab, gegen 24:00 geht es ins Bett, der kommende Samstag wird lang und anstrengend.

Es ist Samstag, wir kommen so gegen 10:00 Uhr am Zentrum an, alles ist schon im Aufbau.
Das Ankommen ist mit einer Überraschung verbunden, die Strecke, die mir das Navi vorgibt, gibt es nicht, der Platz ist gesperrt. Wenig später stehen hier vor einer Bühne 70.000+ TTIP Gegner. Alena  und ich haben uns das aus der Nähe angesehen und sind eine kleine Weile im Protestzug mitgegangen.

Der Aufbau beginnt mit einem kleinen Frühritual. Meine Versuche, beim Aufbau zu helfen, enden dauernd damit, dass ich Freunden und neuen Menschen über den Weg laufe und wir uns verquatschen, eine große Hilfe war ich wohl nicht.

Im großen Zelt von Bianca und Carlos finden wir einen Tisch, den wir zusammen mit Julia Perschke besetzten.
Planung ist alles, aber gut geplant ist noch nicht perfekt durchgeführt. Es ziept und zuppelt an allen Ecken und Enden, viel zu wenig Platz. Nerven liegen blank, den Göttern sei Dank nicht meine.

Wie es so sein muss, die Götter reinigen den Platz mit einem Regen, der von 11:00 bis 13:00 (Als hätten die ne Uhr!) herab geht, uns in das Zelt läuft, den Platz zeitweise nahezu unpassierbar macht. Aber, Punkt 13:00 Uhr ist Schluss mit Lustig, Thor kann wieder einpacken und danach bleibt es bis zum Ende schön und trocken.


Wie stellt man zu einer Langen Nacht der Religionen das Heidentum dar, was wollen wir den Menschen zeigen?
Das Prinzip ist, dass Kirchen, Moscheen und Tempel für "Andersgläubige" geöffnet sind, damit man sich über die jeweilige Religion informieren kann. Vorbehalte abbauen, Verständnis fördern.
Genaues über die Hintergründe findet ihr hier : http://nachtderreligionen.de/

Also wollen wir unsere paganen Richtungen vorstellen, eine Religion (Natur Spiritualität) mit vielen Facetten. Es gibt Infostände der verschiedenen Richtungen und Vereine, bei weitem nicht genug. Leider gibt es wie immer Uneinigkeit und anstatt zusammen, macht man gar nicht mit oder braut sein eigenes Bier. Ich hoffe das ändert sich noch.
 Neben der "Aktion Wir Heiden" vertrete ich ein bisschen mein Seminarzentrum Terra Silva, und Alena, die nach Berlin gehen möchte, bewirbt ihre Seminare, die dort im kommenden Jahr losgehen. Julia Peschke ist mit ihrer Heilpraxis bei uns am Tisch und wir wechseln uns ab.
Mein persönliches, zentrales Thema sind die Runen, diesmal mit dem Fokus auf Hintergrundinformationen. Ich legte eine kleine Sammlung an Büchern zum Thema Runen aus, zur Anschauung.
Ich hatte einige längere engagierte Gespräche mit interessierten Menschen, eines davon komplett auf Englisch :)
Runen als magische Gegenstände oder Divinations-Mittel, als Schrift, als Leitbilder, sie kommen irgendwie in allen (vielen) Richtungen zum Tragen, haben dieses Jahr noch mehr Vertreter:
Die Heidnische Gemeinschaft (HG) mit Ragna Runenweg, Einar, Jorka  und vielen Andren, Duke Meyer mit einem Vortrag, Heilpraktiker Ronni Töllner am Nachbarstand.
Runen vereinen uns, aber sie spalten auch, wie das bei einem so mächtigen Mittel gar nicht anders sein kann.

Was erleben "Nicht-Heiden" oder, wie können sie uns erleben?
Dieser Gedanke wird nicht über die Runen beantwortet, sondern (in meinen  Augen) viel mehr über die Rituale, von denen zwischen der Eröffnung um 14:00 bis zum Verabschiedungs-Vollmond-Ritual um 21:30 mehrere durch die VertreterInnen der verschiedenen Richtungen durchgeführt wurden.

Und so steigen wir ein mit dem Eröffnungsritual, in dem das heilige Feuer entzündet wird, natürlich ganz natürlich. Da es aber nach 10 Minuten immer noch nicht brennt, weil einfach alles zu feucht ist, wird ganz unnatürlich der Bunsenbrenner geholt. Auch so kann ein Ritual gehen, mit Gelächter (Nein, nicht schadenfroh.
Das ist Religion in Anwendung, und DAS sollten sich die Interessierten anschauen, da kommt kein Papier und kein Gespräch mit.
Ich hoffe auf mehr Zulauf durch "Nicht-Heiden" (blöder Begriff) in den nächsten Jahren. Sinmara sagte mir, eine Vertreterin der Kirche sei da gewesen.

Eine ganz wichtige Organisation, deren Mitglied ich bin, die Pagan Federation International e.V.,  hatte ihren Stand am Platze, vertreten durch die Lokal-Koordinatoren Cordula und Matthias. Sie beherbergt alle paganen Richtungen  wird in den kommenden Jahren für religions-übergreifende Zusammenarbeit unter den Heiden und nach außen stehen.
(Ja, man stelle sich vor, das Heidentum ist in sich nicht gleich und auch nicht gleich geschaltet, es ist bunt und schillernd).
Aber, hier wiederhole ich mich gerne, die Rituale zeigen, wie wir Religion ausüben, nicht das Papier.

Ein ständiger Begleiter auf vielen Veranstaltungen ist Hannes Mertl aka James Vermont, der aus Österreich anreist, um sein Zeitschrift "der Kessel" zu bewerben, ein wirklich schönes Format, mit Liebe und Sachverstand und immer am Rande des Nervenzusammenbruchs erstellt. In meinen Augen auch für "Nicht-Heiden" eine interessante Lektüre.

Eine wunderbare Peti Songcatcher hat mit ihren Freunden für einen sehr spirituellen,  musikalischen Hintergrund gesorgt. (Meine liebe Peti, ich freue mich, Dich schon letztes Jahr in Witten kennen gelernt haben zu dürfen)

Über den Tag verfliegt meine Anspannung, die Gespräche und das Sein mit vielen Freunden und solchen, die das noch werden können, machen es leicht.

Es gibt, ich bin geneigt zu sagen: natürlich, auch einen Ruheraum, der für den Rückzug in Stille und Meditation bereitsteht. Irgendwann nachmittags übernehme ich meine "Wache", auf dass es auch wirklich stille ist dort und treffe auf eine junge Frau, die mit sehr offenen Augen, sehr entspannt dort meditiert. Nach einer kurzen Weile  (Ich habe mich nicht vorgestellt, wir wollen ja schweigen) dreht sie sich plötzlich  zu mir um:
"Wie meditiert man richtig?"
"Wie macht man das?"

Da bin ich ja genau der Richtige, ich habe zwar einige Erfahrung mit spirituellen Reisen, halte mich auch nicht für unbegabt, aber so "us dr Lameng"?!
So versuche ich mich erst mit Worten, gebe das aber schnell auf.
Statt dessen führe ich die junge Frau und noch weitere Anwesende, ganz ungeplant und unvorbereitet, in eine Meditations-Reise. Schön war es, zu beobachten, wie sie wieder an die Oberfläche kommt, zu sehen, dass sie wirklich tief weg war. Das wärmt mein Herz.
Und schon werde ich abgelöst: "Wie, eine Stunde ist rum?!"; "Das war keine Stunde!", ich bin mir da 100% sicher. Und wenn doch, bin ich mit auf die Reise gegangen :)

Gegen 21:30 (um 22:00 ist Schluss, wegen LAUT) beginnt das Abschluss-Ritual, geführt von Einar und Ragna  von der HG. Das war sehr schön und wir haben schmananisch getrommelt, sehr intensiv, um unsere germanischen Götter zu ehren. Ein schöner Abschluss, selbst Henk, mein Käsesüchtiges AlterEgo wird aus seinem Gefängnis befreit und darf hier und da noch ein paar Frechheiten fallen lassen. Ohh diese Maus.

Wir packen uns, Mara und die Klamotten in den PKW (Die Nellie :) ) und düsen mal wieder quer durch Berlin. Wegen Hungers machen wir an einer Döner-Bude halt, erleben einen erfrischend aufgeweckten Besitzer und erhalten ein gar köstliches Essen. Nach dem Nachtmahl fallen wir erschöpft ins Bett.

Der Sonntag, der "1. Berliner Heidentag" beginnt mit dem obligatorischen Frühstück, diesmal ohne unsere Gastgeber, die schon früh zum Wartenberger Hof mussten, der für heute unser Veranstaltungsort war.
Ich kutschiere erst mal Alena nach Babelsberg zu einem gemeinsamen Freund und Mitstreiter bei der Verdandihilfe, von da wieder zurück, einmal komplett auf die andre Seite Berlins. Das Handy-Navi hat mich Freitag-Abend verlassen, Google Maps ist ein tolles Tool, aber wenn der Server nicht mehr da zu sein scheint.. na ja, wenigstens geht das Tablet, fahre ich eben mit dem Tablet weiter, doch weit gefehlt... AUS!, AUS!.. das Ding geht AUS!, Batterie alle, Aufladestrom reicht nicht fürs Navi.
Ich reise durch Berlin und mein Tool geht flöten. Die Götter wollen, dass ich Berlin kennen lerne, warum wohl? Ich fahre nach elektronischer Karte, gar nicht so schwer, sogar eine Umleitung kann mich nicht von meinem Weg abbringen.
Zeitplanung ist nicht meines, also komme ich zu spät. Das macht aber nichts, denn die andren waren auch zu spät :)
Diese Aktion ist nur für uns Heiden. Eine Veranstaltung bei der wir uns selbst gegenseitig kennen lernen sollen. Wieder mit einem Eröffnungs- und einem Abschluss-Ritual., Infoständen, Essen, Trinken, Gesprächen und Musik.
Bloss... kaum Heiden :(
Wie bei dem berühmten Stammtisch, wo auf dem Wimpel steht:
"   Hier sitzen
        die
immer hier sitzen  "
Ich hoffe auf mehr Resonanz beim nächsten Mal.
Ich kam also zu spät, das Ritual mit Voenix hatte schon begonnen und ich fand Julia, die mich hinein zog, ein tolles Heilritual.
Der Tag war befüllt mit Vorträgen, die ich alle nicht wahr nehmen konnte, weil ich an meinem Stand sitzen musste, Da aber alle Andren bei den Vorträgen waren, war das fast umsonst.
Ein wunderbares Gespräch hatte ich allerdings und wurde das erste mal für mein Wissen mit einem Energieausgleich belohnt, einer Bratwurst mit Brötchen. Vielen herzlichen Dank an die Spenderin, Du hast mir das Leben gerettet. Diverse weitere Gespräche mit Anwesenden liessen dann auch diesen Tag schnell vorüber gehen.
Der Abschluss war für mich wie ein Anfang, es war einfach nur schön. Ein 45 minütiges Konzert von Peti und ihren Freunden ließ uns gemeinsam singen.
Faye regte noch ein Foto als Unterstützung für unsere paganen Brüder und Schwestern des Standing Rock Tribes an, die gegen eine Öl-Pipeline demonstrieren, gegen harten Polizei-Einsatz und eine desinteressierte lobbyistische Politik, welche die Führung dieser Pipeline unter dem Missouri her durch das heilige Land des Stammes und damit die inhärente Gefährdung der Wasserversorgung für Millionen Menschen zulässt.
Den Tag beendeten wir mit einem wunderbaren Abschlussritual durch die Vertreter der Fuchsfamilie, "Stille Wasser Frau Auge im Wind" aka Ulrike Weiland und "Großvater Herzauge" aka Hazy J. Albrecht, mit viel Gesang und Musik und einem energetischen Gruss nochmal zu denBrüdern und Schwestern des Standing Rock Tribes.
Danach hätte es eigentlich am Feuer richtig los gehen sollen, leider .. leider war der Tag rum.
Aufräumen, Sachen und Mara in die Nellie packen, noch einmal quer durch Bärlin, die Stadt des Bären, Mara heile abliefern und dan geht es auch für mich nach gen Heimat. Wobei ich mich frage, wo meine Heimat nun eigentlich ist?!


Im Folgenden noch mein persönliches, emotionales Resümee (eine Kopie meines Posts aus Facebook):
*********************
Ich fühle mich unvollständig!
Das ist gar nicht so negativ gemeint, das “unvollständig sein“. Nach zwei intensiven Tagen bin ich immer noch in der Energie des vergangenen Wochenendes, auch dank Peti Songcatcher Dannemann & Friends Gesängen, die um so schöner waren, als dass wir mitsingen konnten. Zwei haben mich tief berührt.
Dies und all meine Freunde wieder zu treffen, diese herzliche, offene Atmosphäre in mich aufzunehmen.
Weil wir so ziemlich alle eingebunden waren, gab es genau mit und für euch zu wenig Zeit. Ich will also daran arbeiten, das wir füreinander mehr reale Zeit haben und bitte die Götter und Wesen hierfür um Unterstützung.
Ich freue mich die Fuchs-Familie gefunden zu haben.


(Nachsatz: Ulrike und Hazy, Bruder und Schwester der Füchse).
Euer Ritual war wirklich ein schöner, bewegender Abschluss und was soll ich sagen, plötzlich war da eher eine Atmosphäre des Beginnens anstatt des Endens.
Eigentlich hätten wir alle an den Abend noch am Feuer sitzen bleiben, Trommeln, singen, erzählen und uns gegenseitig in unsrer Energie und sein (be)stärken sollen.
Ein Traum sozusagen :)
Es war gut und ich freue mich drauf, euch alle wieder zu sehen und gemeinsam unsre Herzen höher schlagen zu lassen.
Ich Grüße die Freunde und Herzens Menschen des Wardarad und des Blotringes, der HG, der Verdandi-Hilfe und wer da alles war.
Meine ganz persönlichen Gedanken an verschiedene, sehr spezielle Menschen, die wissen das sie angesprochen sind.

Heil den Hohen.
Liebevoll, Ydalir

*Addendum:
Faye bemerkte sehr richtig, dass natürlich nicht ausschliesslich Mara die Organisation der LNdR inne hatte, sondern dass das ein Team von gut 15 Leuten war. Manchmal bin ich auf einem Auge blind und dann hilft es, mir die Klappe abzubauen. Auf diesem Wege:
Entschuldigung für diesen Fauxe Paxe und ein Danke an ALLE vom Orga-Team.
Ich weiss seit der SSW, wie das so ist , das "Organisieren und Planen"